Homo Technicus
„Soviel Talent: Da stehen dir die Türen offen.“ – „Mit diesem Talent könntest du richtig reich werden!“
Gibt es diesen Zusammenhang zwischen Talent und Erfolg?
Es kommt darauf an, ob man das Spiel des Lebens und dieser Welt versteht und damit zurecht kommt.
Betrachten wir dies einmal aus der Perspektive einer technisierten Welt mit Maschinen und (immer leistungsfähiger werdenden) Software. Immerhin geht es bei all dem Fortschritt unserer Welt auch um die Rolle, die wir Menschen darin einnehmen (können).
Extrembeispiel dazu: Eine junge Frau, Hermine, hat das große Talent Beweggründe von Menschen zu verstehen und zu erkennen, wer mit wem zusammenarbeiten sollte, um erfolgreich und glücklich sein zu können. Hermine studiert Philosophie, weil sie gerne in Gedankenwelten versinkt, Zusammenhänge finden mag und diese aus verschiedenen Perspektiven betrachten und verstehen möchte.
Jetzt gibt es wahrscheinlich zahlreiche Möglichkeiten, wie Hermine nach dem Studium beruflich erfolgreich sein kann. Politische Beratung und das Verstehen von Zielsetzungen der Akteure auf der politischen Bühne könnte sie in eine erfolgreiche Beraterinnenrolle bringen. Doch ihr Leben verläuft anders: Tatsächlich kann sie in einem Büro eines Abgeordneten ein Praktikum absolvieren. Doch dort versinkt sie im Alltagsgeschäft. Sie erhält kaum Chancen Verbindungen zu Gesprächspartnerinnen oder politische Gegner zu analysieren und zu bewerten, sondern sie formuliert vorgeplante Reden aus und organisiert den Kalender des Abgeordnetenbüros. Manchmal unterstützt sie beim Antworten von Mails mit Standardantworten.
Sie fühlt sich an falscher Stelle und hofft, dass sie sich von hier aus hocharbeiten kann, um ihren Traumjob zu erreichen. Denjenigen Job, der ihr Talent benötigt.
Schon bei der Suche nach geeigneten Stellen weiß sie nicht so recht, wie sie die Position benennen soll. Immer öfter rutscht sie bei der Suche nach Schlagworten in Richtung Vertriebstätigkeiten. Aber das trifft es nicht. Sie möchte nichts verkaufen, sie möchte Menschen zusammenbringen, damit diese sich ergänzen und Großes erreichen können.
Was läuft falsch?
In unserer Welt existieren bestimmte Strukturen und Regeln, mit denen man umgehen muss, damit Talent überhaupt belohnt wird. Nicht jedes Talent passt etwa zu einem Angestelltenjob. Hermines Talent dürfte meist eher als „Soft Skill“ gesehen werden, wie man in unserer beruflichen Welt so schön sagt. Übersetzt bedeutet dies, dass man das Talent von Hermine eher nicht als eine Hauptfähigkeit ansieht. Empathie und Netzwerkfähigkeiten sind eher unterstützende „Skills“.
Das führt dazu, dass man solche Leistungen selten als Hauptfunktion einer Rolle erkennt. Das bedeutet, dass man in diesen Fällen sich erste „Hard Skills“ erarbeiten müsste, die zu konkreten Jobs passen. Beispielsweise könnte – wie vorher erwähnt – als Vertriebsmitarbeiterin tätig sein. Empathie, das Erkennen von Zielsetzungen der Kunden und Netzwerkfähigkeiten würden zwar wichtig für die Rolle sein. Allerdings gehört dann noch Verständnis für eine bestimmte Branche, Produkte und vor allem wirtschaftliche Kenntnisse dazu. Gerade diese Fähigkeiten müssen allerdings dann erst erarbeitet und aufgebaut werden.
Hermine sieht sich in einer solchen Rolle allerdings nicht. Wenn man das aber erst spät erkennt und dann zwei oder drei unterschiedliche Positionen als „Soft Skiller“ ausprobieren muss, kann bereits ein schöner Brocken Zeit vergangen sein.
Und jetzt laufen wir den Bogen zurück zu unserem Ausgangsgedanken: Die technisierte Welt.
Gerade in unserer beruflichen Welt gibt Hardware und Software oft den Takt vor, den wir Menschen im Berufsalltag mitgehen müssen. Je schneller dieser Takt wird, desto schwieriger ist es, sich auszuprobieren und die eigenen Talente in Rollen und Unternehmen einpassen zu können.
Dadurch verlieren wird oft große Talente und riesiges Potential für unseren Fortschritt als gesamte Gesellschaft. Gerade in einer Zeit, in der „Soft Skills“ eigentlich immer wichtiger werden sollten.
In eigener Sache: invidéa stammt aus der Software- und Medienbranche. Als Einzelunternehmen waren die jeweiligen Projekte allerdings immer ausschließlich durch das Zusammenwirken von Menschen mit verschiedenen Talenten möglich. Neben fachlichen Wissen („Hard Skills“) ging dabei immer auch um die sogenannten „Soft Skills“, die niemals als rein sekundär gesehen wurden. Bei invidéa ist das Zusammenwirken von Fachwissen und Kultur im Zentrum. Passen die Menschen zu den Zielen, die erreicht werden sollen? Oft ist dann gerade auch Platz für Menschen mit Talenten, die man nicht in eine Jobausschreibung einpassen kann. Und die machen dann oft den Unterschied.
Vielleicht ist dies ein Ansatz, um die Rolle des Menschen in einer von Technik geprägten Welt gut zu definieren.
- Datengetriebene Welten
- Hybride Software- und Hardwareprojekte